Wir sind die neue Tübinger Initiative „Inseln mit Hafen“.
Wir hinterfragen die derzeitige Wirtschaftslogik, die uns dazu anhält, mit dem Grundbedürfnis Wohnen Rendite und Gewinne von einander zu erwirtschaften. Dadurch kann für viele Menschen dieses Grundbedürfnis nicht befriedigend erfüllt werden. Dem wollen wir mit unserem Projekt etwas entgegensetzen.
Wir sind kein neues Wohnprojekt. Gemeinsam entwickeln wir die Dachorganisation „Inseln mit Hafen“, eine Werte- und Wirtschaftsgemeinschaft. Dort entwickeln wir eine konsequente Praxis ohne Rendite, in der – auch finanziell – erhebliche Freiräume entstehen. Wir wünschen uns, dass sich unter dem Dach von „Inseln mit Hafen“ einzelne räumlich nahe, neue entstehende Wohn- und Arbeitsprojekte zusammenschließen. Uns geht es darum, Menschen zusammenzubringen, die zu einer gelebten Utopie von geldfreierem Leben, Beitragen statt äquivalentem Tauschen, Herrschaftsfreiheit, einem Zusammenleben ohne Diskriminierung und einem Leben in Einklang mit unserer Mitwelt beitragen wollen.
Für „Inseln mit Hafen“ formen wir einen eigenen Wirtschaftskreislauf. Die Dachorganisation, die wir bisher in der Rechtsform einer Genossenschaft denken, erwirbt das Nutzungsrecht für Häuser und Gelände über Kauf mit Hilfe von Genossenschaftsanteilen oder über Schenkung. Häuser und Grundstücke werden also nicht über Kredite finanziert, damit wir uns nicht über Zinszahlungen wieder in den klassischen Umverteilungskreislauf einbezogen werden. So entsteht der erste, häufig unterschätzte, finanzielle Freiraum. Normalerweise zwingen Kreditlaufzeiten eine*n Kreditnehmer*in zu einer möglichst zeitnahen Rückzahlung, die deutlich vor dem Zeitpunkt liegt, an dem das Erkaufte verbraucht ist. Ein Haus jedoch hält manchmal mehrere hundert Jahre. Wir möchten die „Abzahlungsdauer“ der „Verbrauchsdauer“ angleichen. Das bedeutet bei einem soliden Haus, dass es über sehr viele Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte abbezahlt werden muss. Auch bei guter Pflege ist es jedoch irgendwann einmal verbraucht und deshalb muss es abbezahlt werden. Ein Grundstück hingegen verbraucht sich nicht. Es kann zu Beginn mit Genossenschaftsanteilen erworben werden, die dann im Folgenden immer wieder durch neue ersetzt werden. Die monatlichen Kosten werden somit erheblich sinken und es entsteht der zweite, noch größere Freiraum.
Die Häuser und Gelände von „Inseln mit Hafen“ werden von kleineren Einheiten belebt. Kleinere Gruppen und Einzelpersonen schließen sich zu diesen Einheiten – den „Inseln“ zusammen, in denen sowohl individuell als auch gemeinschaftlich gewohnt, gearbeitet, gelebt werden kann. Die „Inseln“ organisieren ihr Zusammenleben nach ihren eigenen Grundsätzen und können unterschiedlich sein. Sie erfüllen jedoch die neun Grundpfeiler der Dachorganisation „Insel mit Hafen“.
Die „Häfen“ sind uns besonders wichtig. Indem wir durch unseren gemeinschaftlich geschaffenen Wirtschaftskreislauf viele individuelle und kollektive Freiräume ermöglichen, können wir auch einen Teil der Freiräume weitergeben. Eine utopische Gesellschaft kann in unserer Vorstellung vom guten Leben entstehen, wenn wir auch mit Menschen in Beitragsbeziehungen gehen, die wir (noch) nicht kennen. Mit Freund*innen und Familie, das kann (fast) jede*r. Mit (noch) Fremden – da kann Neues entstehen. Jede Gruppe, jede „Insel“, entscheidet sich für einen „Hafen“. Etwas, was sie mit anderen Menschen teilen kann, entkoppelt von Gegenleistungen. Dabei kann es sich um Nachbar*innen handeln, Genoss*innen, die nicht im Projekt wohnen, aber auch „Dahergelaufene“.
Wir möchten mit einem gemeinschaftsbasierten Finanzierungskonzept einen Raum schaffen, indem Beitragen entkoppelt von einer Gegenleistung erlebt werden kann. Hier sehen wir unseren Beitrag zu einer Gesellschaftstransformation.